Ein Ort. . .
- . . . vitaler Badekultur
„Im Sommer badet man in der Saale und im Winter badet man überhaupt nicht!“ 1
Vorherrschende Meinung in der halleschen Bürgerschaft Ende des 19. Jahrhunderts
Mit der rasanten Entwicklung der Industrie- und Universitätsstadt wuchs das Bedürfnis, auch im Winter zu baden. Zudem mussten die hygienischen Bedingungen in Anbetracht von Cholera- und Typhusepidemien dringend verbessert werden. Die meisten Wohnungen besaßen damals keine eigenen Bäder, so dass die Bürger das Stadtbad zu Hygienezwecken nutzten. Im Stadtbad standen den Hallensern neben den zwei großen Schwimmbecken auch ein römisch-irisches Bad sowie zwei Brause- und zwei Wannenbadabteilungen zur Verfügung. Streng nach Geschlecht und Erwerbsklassen getrennt. Im Eröffnungsjahr 1916 zählte das Stadtbad 131.029 Schwimmer und 83.089 Badebesucher2.
Zehn Jahre später waren es schon 262.881 Schwimmer und 207.313 Badebesucher. Halle entwickelte sich in den 1930er Jahren zur Schwimmsporthochburg. Eine Zäsur erfuhr das Bad ab Anfang der 1950er Jahre. Die Nutzung der Wannen- und Brausebäder nahm kontinuierlich ab, weil viele Wohnungen inzwischen über eigene Bäder verfügten. Anfang der 1980er Jahre wurden ebendiese einer neuen Bestimmung übergeben – einem Lehrbetrieb für Friseure. Die Hauptzeiten der Schwimmhallen belegten nun vorrangig Vereine, das Schulschwimmen und der Lehrbetrieb.
1 Rive, Richard Robert: Lebenserinnerungen eines deutschen Oberbürgermeisters. Stuttgart: 1960.
2 Badebesucher sind die Besucher der Wannenabteilung.